Deutschlands Gewerbe- und Industrieflächen werden knapp. Laut GARBE Research droht ab 2037 ein Stillstand in Logistikregionen, der Wirtschaft und Standortentwicklung massiv gefährdet. Ohne entsprechende Gegenreaktion könnten Unternehmen abwandern. Wird schnell genug gehandelt, um die drohende Flächenkrise zu verhindern?
GARBE Research legt erstmals eine Analyse vor – und nennt Lösungsansätze.
Seit Jahren ist bekannt, dass es in Deutschland immer weniger verfügbare Gewerbe- und Industrieflächen (GE- und GI-Flächen) gibt und der Bau von Logistik- und teilweise auch Industrieimmobilien zunehmend schwieriger wird. Der Hauptgrund dafür ist ein kontinuierlicher Anstieg der Nachfrage nach solchen Flächen seit dem Jahr 2000, während gleichzeitig immer weniger neue Gebiete ausgewiesen wurden und werden.
Diese Entwicklung ist politisch gewollt: Die Bundesregierung plant den Flächenverbrauch bis 2030 auf unter 30 Hektar pro Tag zu senken und bis 2050 einen Verbrauch von Netto-Null zu erreichen. Hinzu kommt, dass bestehende Gewerbe- und Industrieflächen häufig umgewidmet oder anderweitig genutzt werden, was die Situation zusätzlich verschärft. Diese Entwicklung ist für die deutsche Wirtschaft bedrohlich, da Logistik als Grundlage für Produktion und Konsum gilt – sie bildet die Lebensader der deutschen Wirtschaft.
Um den schleichenden Schwund an Gewerbe- und Industrieflächen genauer zu analysieren, hat GARBE Research eine umfassende Untersuchung auf Basis von Daten des Amtlichen Liegenschaftskatasterinformationssystems (ALKIS) durchgeführt. Dabei wurden sämtliche ausgewiesenen GE- und GI-Flächen einbezogen, die grundsätzlich für logistische Nutzungen geeignet sind. Die Analyse umfasst sowohl den allgemeinen Bestand als auch die jährlichen Veränderungen, die durch Zustandsmeldungen nachvollzogen werden können – so flossen sowohl neue als auch wegfallende Flächen in die Untersuchung ein.
Bei den wegfallenden Flächen handelt es sich um alle Flächen, die absorbiert wurden und daher nicht mehr zur Ansiedlung verfügbar sind. Unter die hinzugekommenen Flächen fallen sowohl neu ausgewiesene Gebiete als auch Flächenerweiterungen. Außerdem wurden brachliegende Flächen berücksichtigt, da diese für eine neue Nutzung reaktiviert werden könnten. Zwar kommen durch Insolvenzen oder Umstrukturierungen immer wieder nutzbare Flächen hinzu, doch insgesamt wird das Angebot allmählich kleiner, da die Nachfrage das Angebot übersteigt.
Den Schwerpunkt der Studie legten die Analysten von GARBE Research beispielhaft auf Nordrhein-Westfalen. In diesem bevölkerungsreichsten Bundesland ist die Datenlage besonders gut; zudem weist NRW eine der höchsten Infrastrukturdichten Europas auf und ist stark vom Strukturwandel geprägt. Die verwendeten ALKIS-Daten decken den Zeitraum von 2016 bis 2023 ab und wurden auf Basis von Durchschnittswerten dieser Periode hochgerechnet.
Die Analyse zeigt, dass etwa 53 Prozent der bisher ungenutzten GE- und GI-Flächen – rund 800 von insgesamt 1.500 Hektar – über den gesamten Untersuchungszeitraum hinweg ungenutzt geblieben sind. Es ist anzunehmen, dass für diese Flächen dauerhaft keine relevante Nachfrage besteht und sie für logistische Zwecke kaum geeignet sind. Die meisten dieser Flächen weisen strukturelle Standortnachteile auf oder sind schwer zu verwertende Brownfields, deren Erschließung langwierig, komplex und teuer ist. Beispiele solcher Flächen sind ehemalige oberirdische Deponien wie in Werne (40 ha), frühere Versorgungsanlagen wie das Kraftwerk in Voerde (31 ha) oder eine stillgelegte betriebliche Entsorgungsanlage bei Bielefeld (28,5 ha).
Zwischen 2016 und 2023 ist die verfügbare Fläche der GE- und GI-Gebiete in NRW kontinuierlich geschrumpft, mit einem durchschnittlichen jährlichen Verbrauch von rund 110 Hektar. Die Fortschreibung zeigt: Bis 2042 wird die Flächenbereitstellung auf null sinken – zu diesem Zeitpunkt heben sich Neuausweisungen und Verbrauch gegenseitig auf. Alle neuen Flächen werden sofort vom Markt aufgenommen. Obwohl 2042 weit entfernt erscheinen mag, bleibt kaum Zeit, diese Entwicklung noch zu beeinflussen, da Planungsprozesse erfahrungsgemäß langwierig sind. Rasches Handeln ist daher unerlässlich, besonders in den Logistikregionen NRWs. Der Handlungsdruck ist hier sogar noch erheblich höher, um zukünftige Engpässe zu vermeiden.
Abbildung 1: Veränderung der ALKIS-Flächen in NRW, die als GE-/GI-Flächenpotenziale betrachtet werden können (in ALKIS als „Erweiterung, Neuansiedlung“ bezeichnet), sowie der langfristig ungenutzten GE-/GI-Flächen (in ALKIS über einen langen Zeitraum als „außer Betrieb, stillgelegt, verlassen“ bezeichnet)
Ländliche Regionen wie das Münsterland oder das Sauerland sind für logistische Nutzung meist ungeeignet. Daher konzentrierte sich der zweite Analyseschritt ausschließlich auf die sieben Logistikregionen in NRW, wo die Nachfrage nach Flächen besonders hoch ist und Veränderungen daher besonders ins Gewicht fallen. Zwar liegt der durchschnittliche Flächenverbrauch in diesen Regionen zwischen 2016 und 2023 bei 84 Hektar pro Jahr und damit unter dem NRW-Durchschnitt, doch angesichts der begrenzten Gesamtfläche sind die Auswirkungen hier umso dramatischer. Ohne neue Flächen könnte es bereits 2037 zu einem Stillstand kommen, an dem Neuausweisungen die Nachfrage nicht mehr decken.
Dies macht wirtschaftliche Planungen und strategische Entwicklungsmöglichkeiten für Unternehmen zunehmend unsicher. Unternehmen könnten daher gezwungen sein, Standorte in andere Bundesländer oder ins Ausland zu verlegen – eine bedenkliche Entwicklung für die Standortpolitik. Zudem wird der Bedarf an Flächen in Zukunft voraussichtlich weiter steigen, da sich durch wirtschaftliche Erholung und strukturelle Treiber wie Social-Commerce sowie neue Produktionskapazitäten für Batterien und andere Technologien zusätzlicher Flächenbedarf ergeben wird. Um diesen künftigen Bedarf zu decken, müssen bereits heute die nötigen Voraussetzungen geschaffen werden.
Abbildung 2: Veränderung der ALKIS-Flächen in NRW, die als GE-/GI-Flächenpotenziale betrachtet werden können (in ALKIS als „Erweiterung, Neuansiedlung“ bezeichnet), sowie der langfristig ungenutzten GE-/GI-Flächen (in ALKIS über einen langen Zeitraum als „außer Betrieb, stillgelegt, verlassen“ bezeichnet)
Um dem drohenden Engpass an Gewerbeflächen zu begegnen, müssten verstärkt neue Flächen ausgewiesen werden. Da dies politisch jedoch nicht angestrebt wird, sollte der Fokus zudem auf der Reaktivierung langzeit-brachliegender Flächen liegen – sowohl innerhalb als auch außerhalb der Logistikregionen. Eine wichtige Maßnahme hierfür wäre der gezielte Ausbau der Infrastruktur, um abgelegene Grundstücke besser anzubinden und ihre Standortnachteile zu verringern. Zudem sollte das Engagement in Brownfield-Projekte gestärkt werden, da viele Akteure derzeit durch die hohen Kosten und die komplexe Umsetzung solcher Vorhaben eher abgeschreckt sind. Ein ‚Weiter so‘ kann keine Option sein, wenn der drohende Engpass und die Gefahr einer Abwanderung von Unternehmen verhindert werden sollen.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Marktlage mit sinkender Nachfrage und leicht steigenden Leerständen drängt sich die berechtigte Frage auf, ob das Thema Flächenmangel überhaupt akut ist. In unserer Wahrnehmung ist es aber gerade richtig darüber zu sprechen. Denn die langen Phasen bei Baurechtschaffung und Planung sind einer der Hauptgründe für die Trägheit der Immobilienmärkte und damit Ursachen des drohenden Schweinzyklus. Aus diesem Grund werden wir im ersten Halbjahr 2025 ein Webinar dazu abhalten und dieses Thema mit den wichtigsten Stakeholdern diskutieren. Bleiben Sie am Ball!
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