In der Bevölkerung und der öffentlichen Wahrnehmung haben Logistikimmobilien im abgelaufenen Jahr an Status hinzugewonnen und werden nun als „systemrelevant“ betrachtet. Bei Immobilieninvestoren stehen Distributionszentren schon länger sehr hoch im Kurs. Bereits seit ca. zehn Jahren lässt sich am Markt verfolgen, wie das Investmentvolumen beinahe jährlich steigt und sich regelmäßig neue Rekordmarken einstellen.
Überproportionales Ansteigen der Kaufpreise gegenüber einer moderaten Mietpreisentwicklung gilt als einer der markantesten Indikatoren für heiß laufende Märkte. Wie sieht die Situation in Deutschland aus? Mit Blick auf die vergangenen gut 20 Jahre lässt sich in der Tat festhalten, dass die Entwicklung der Faktoren deutlich dynamischer verläuft als die Mietentwicklung. Insbesondere seit Mitte 2014 lässt sich ein zunehmendes Auseinanderklaffen beider Zeitreihen erkennen.
Je höher die Kaufpreisfaktoren ausfallen und sich von der Mietpreisentwicklung abkoppeln, desto stärker sind langfristig orientierte Investoren aber auf stetigen und steigenden Cashflow aus der Immobilienbewirtschaftung angewiesen. Wie sieht daher die Mietpreisentwicklung in Deutschland aus?
Lange Jahre war das Mietpreisgefüge für Logistikflächen in Deutschland kaum in Bewegung. Um einen einzigen 20-Cent-Sprung bei den zu erzielenden Mieten zu vollziehen, hat es beginnend im ersten Quartal 2009 ganze 27 Quartale gedauert. Seit dieser Zeit lassen sich jedoch deutliche Bewegungen erkennen und die Iterationen für die nachfolgenden Sprünge fallen immer kürzer aus. In den letzten Iterationen bis heute wurden dazu im Regelfall nur noch vier Quartale benötigt. Der Blick in die Zukunft zeigt – so wird es erst in den Jahren weiter gehen. Und auch nach Prognoseende im Jahr 2025 sorgt die anhaltende Bedarfsunterdeckung beim Flächenangebot für zunehmende Mieten. Dies zumindest, wenn kein externer Schock eintritt.
Die Abb. 2 zeigt die Mietpreisentwicklung in den acht Top-Logistikregionen und vor allem für Neuvertragsmieten bei Premiumprodukten. Anleger, die nicht an schnellen Verkaufsgewinnen, sondern an regelmäßigen Ausschüttungen aus der laufenden Immobilienbewirtschaftung interessiert sind, fokussieren auf die langfristige Betrachtung. Diese lässt sich gut über die Cashflow-Rendite des German Property Index (GPI) ablesen.
Hier ist bemerkenswert, dass der jährliche Zuwachs der Zeitreihe Logistik/Industrie über die gesamte Laufzeit der Zeitreihe deutlich positiver ausfällt als bei den anderen beiden Assetklassen (Büro-, Handelsimmobilien). Spätestens ab 2015 setzt ein langsamer Trend zu rückläufigen Wachstumsraten über alle Assetklassen ein. Der Abstand zu Büroimmobilien bleibt aber auch bis zum Ende des Prognosezeitraums 2024 ausgeprägt. Mit 5 % Wachstum pro Jahr bleibt das Wachstum stetig positiv und deutlich oberhalb des Bürosegments. Bei Handelsimmobilien setzt dagegen eine Trendumkehr ein und die Veränderungsraten steigen wieder. Dieser Kurvenverlauf nähert sich in der Prognose den Wachstumszahlen im Segment Logistik/Industrie an.
Kapitalanlagestrategien basieren auf den Entwicklungen bei den Basiszinsen bzw. benchmarken sich mit Anlagealternativen, z. B. der „risikolosen“ Verzinsungen. In der Eurozone gilt die Umlaufrendite deutscher Staatsanleihen (Bundesanleihen) mit zehn Jahren (Rest-)Laufzeit als „risikolos“, denn aufgrund der sehr guten Bonität des deutschen Staates wird hier das Ausfallrisiko als nahezu non-existent bewertet. Die Umlaufrenditen fallen mit kleineren zyklischen Schwankungen jedoch seit vielen Jahren immer geringer aus und sind zu Beginn des Jahres 2019 sogar ins Negative gedreht. Ein Investor verliert also Geld.
Angefacht durch einen Mangel an gut rentierten Investmentalternativen hat der nationale, aber auch internationale Investmentmarkt bereits seit diversen Jahren den Blick auf den deutschen Immobilienmarkt und damit auch Logistikimmobilien gelegt. Die Folge: Die Nettoanfangsrenditen (NAR) bei Immobilienanlagen komprimierten assetklassen-übergreifend immer stärker.
Mittlerweile mehren sich die Fragen, ob Investitionen in Logistikimmobilien angesichts der hohen Kaufpreise überhaupt noch attraktiv seien. Hier lohnt sich der Blick zum Rendite-Spread, also die NAR einer Assetklasse im direkten Vergleich zur Verzinsung der Bundesanleihe. Es zeigt sich, dass sich das Verhältnis trotz der allgemeinen Kompression sehr konstant verhält. Während der Spread zwischen Bundesanleihe und Logistikimmobilienrendite 2008 rund 430 Basispunkte (bps) betrug, liegt er aktuell immer noch bei 394 bps. Im Vergleich mit den anderen Assetklassen zeigt sich zwar eine Abnahme, und Logistikimmobilien nähern sich dem Renditeniveau von Büro- oder Handelsimmobilien an. Sie können aber immer noch einen Renditevorteil von 60 bis 80 bps Differenz bewahren. Trotz aller Teuerung ist die Anlageklasse im direkten Vergleich also immer noch als attraktivste Option zu bewerten.
Delta Logistikimmobilien vs. | 2008 | Q1 2021 |
---|---|---|
10-jährige Bundesanleihen | +430 bps | +394 bps |
Büro (zentrale Lagen) | +201 bps | +81 bps |
Einzelhandel (zentrale Lagen) | +240 bps | +57 bps |
Die Renditekompression verläuft deutlich schneller als die Mietpreisentwicklung. Letztere nimmt aber immer mehr an Fahrt auf. Was bedeutet dies nun für die Gesamtrendite eines Immobilieninvestments? Hier lohnt sich ebenfalls der Blick auf den German Property Index, der auf Basis von Marktdaten eine langfristige Performancekennziffer für verschiedene Assetklassen darstellt. Neben den konkreten Transaktionseckdaten unterscheidet sich der GPI von der NAR durch den zeitlichen Horizont, der auf den Kaufzeitpunkt abstellt.
Der GPI zeigt, dass Logistik- und Industrieimmobilien sich in der langfristigen Betrachtung deutlich wertstabiler als Büro- oder Handelsimmobilien verhalten. Über den gesamten Betrachtungszeitraum von 1995 bis 2024 ist der Total Return nie negativ – im Gegensatz zu Büroimmobilien, die vergleichsweise stark mit den Immobilienzyklen schwanken. Auch Handelsimmobilien oszillieren stärker, rutschen in der retrograden Betrachtung aber ebenfalls nie in negative Bereiche. Büro- und Logistikimmobilien konnten im Vorfeld der Pandemie die höchsten jährlichen Veränderungsraten in der Historie der Zeitreihe einfahren (17 % bis 20 % Steigerung p. a.). Mit Einsetzen der Pandemie verlieren alle Assetklassen schlagartig an Dynamik. Am deutlichsten der Einzelhandel, der nach langen Jahren der ohnehin abnehmenden Dynamik nun erstmals ins Negative abrutscht. In der Prognose der kommenden Jahre stellt sich eine Nettonull ein. Büroimmobilien werden mit einer Entwicklung von 2 % bis 2,5 % pro Jahr deutlich schwächer wachsen. Logistik und Industrie bleiben die Assetklasse mit der höchsten Performance (+5 % p. a.), auch wenn hier die Wachstumsraten ebenfalls deutlich niedriger ausfallen als in den Vorjahren. Die Prognose geht demnach nicht von weiterem, rasantem Wachstum aus, sondern von einer Rückkehr in moderate Entwicklungen.
Der Total Return könnte zukünftig also moderater ausfallen. Eine Überhitzung wäre dann kein Thema mehr. Wann würde so ein Szenario eintreten? Zum Beispiel, wenn die EZB den Leitzins wieder anhebt und sich das Gesamtgefüge neu sortiert. Spätestens dann können auf Kante genähte Kalkulationen eventuell in Schieflage geraten. Doch wann ist dies der Fall und wie stark fällt die Änderung aus? Hier herrscht Uneinigkeit, aber eines ist klar, unendlich kann die Niedrigzinspolitik nicht anhalten. Kurzfristige und markante Änderungen erwarten wir aktuell jedoch nicht. Dies unter anderem deswegen nicht, damit das Wirtschaftswachstum in den Ländern der Eurozone nicht abgewürgt wird, wenn die von der Pandemie gebeutelten Volkswirtschaften sich gerade erst erholen. Vielmehr werden es eher zaghafte Veränderungen in den nächsten Jahren sein, die Zeitraum für strategische Anpassungen ermöglichen. Für einen gewissen Moment wird die Renditekompression noch leicht anhalten. Sie wird jedoch nicht das Niveau von Büroimmobilien erreichen. Bei Handelsimmobilien wird es spannend: Aufgrund des langen Lockdowns während der Pandemie und dem E-Commerce-Boom ist das Vertrauen in Handelsimmobilien bereits seit langer Zeit angeschlagen, eine Preiskorrektur hat bereits eingesetzt. Highstreet- und Fachmarktlagen, Shopping Center und Discounter werden sich jedoch unterschiedlich entwickeln. Einige können das Niveau von Premium-Logistik erreichen. Bei anderen wird erneut eine Teuerung einsetzen.
Hohe Kaufpreise und Niedrigzinsen allein führen nicht zwangsläufig zu heiß laufenden Märkten. Ein wichtiges Element ist auch die Verfügbarkeit von günstigem Fremdkapital durch leichtfertige Kreditvergabe. Wird hier sehr freizügig und risikoreich Kapital zur Verfügung gestellt?
Dafür gibt es derzeit keine Anzeichen, das Gegenteil ist der Fall: Die Barometerwerte für gewerbliche Immobilienfinanzierungen zeigen an, dass die Kreditvergabe nicht von einer besonders hohen Vergabefreundlichkeit geprägt ist, sondern in den letzten Jahren eher als ausgeglichen bis leicht konservativ bewertet werden kann. Zu Beginn der Pandemie war die Kreditvergabe sogar so konservativ, dass sie als Kreditkrise klassifiziert wurde. In den letzten Quartalen entspannte sich die Situation zunehmend, bleibt aber mehr als ausgeglichen.
Hintergrund sind immer strengere Prüfungen bei der Vergabe von Fremdkapital in den letzten Jahren. Es scheint, dass die Kreditwürdigkeit umso strenger geprüft wird, je stärker das Investmentvolumen zunimmt. Dies zumindest ab 2017/2018.
Dies hängt nicht nur mit dem Volumen an sich zusammen, sondern auch mit der Tatsache, dass Logistikimmobilien nicht von allen Banken finanziert werden können – z. B. weil das spezifische Know-how nicht vorhanden ist. Die geeigneten Banken prüfen daher immer strenger, um bei steigenden Volumina das Risiko in ihren eigenen Büchern nicht zu erhöhen. Auch auf Finanzierungen für Projektentwicklungen, die seit jeher noch etwas kritischer bewertet werden, trifft dies zu. Hier korreliert der indexbasierte Rückgang der Fertigstellungen ab 2018 aber auch mit der zunehmenden Grundstücksknappheit, die gar nicht mehr Fertigstellungen zulässt.
Alles in allem lassen sich daraus aktuell keine Risiken aus den Immobiliendarlehen wie zur Zeit der Finanzmarktkrise 2007/2008 identifizieren. Immobilien und insbesondere Logistikimmobilien sind in Deutschland recht solide finanziert.
Last but not least wird häufig von spekulativen Übertreibungen gesprochen. Dies bedeutet im Wesentlichen ungerechtfertigt hohe Preise ohne Deckung durch eine solide Nachfrage samt stabilem Cashflow aus dem operativen Vermietungsgeschäft. Dies wäre eine Überhitzung des Marktes durch einen enormen Anstieg der Immobilienpreise ohne Aussicht auf einen späteren Verkauf ohne Verluste, beispielsweise durch mangelnde Nutzernachfrage und damit ausbleibenden Cashflow. Mietpreissteigerungen wären hier ebenfalls kaum durchsetzbar. Der zunehmende Flächenengpass zeigt aber auch hier eher das Gegenteil an. Logistikimmobilien sind langfristig durch eine „echte“ Nutzernachfrage unterlegt.
Der Bedarf für Logistikflächen steigt in den letzten Jahren beständig an. Die Flächenbereitstellung durch Neubauten kann jedoch nicht im gleichen Maß nachziehen. Es hat sich ein Bedarfsüberhang ausgebildet. Spekulative Neubauten werden zwar etwas stärker durchgeführt als in den Vorjahren. Sie sind aber meist schon während der Bauphase vermarktet. Auch ist die Größenordnung stark limitiert, denn sie müssen sowohl dem strengen Auge der finanzierenden Banken als auch der genehmigenden Behörde standhalten. Angesichts des Grundstücksmangels in den Kommunen prüfen auch diese immer strenger, ob eine Baugenehmigung ohne einen vorhandenen Mieter erteilt wird.
Kurzum: Spekulative Übertreibungen sind nicht in größerem Maßstab zu erkennen. Details zur Angebots- und Nachfragesituation und dem zunehmenden Flaschenhals erläutern wir in unserem Brownfield-Artikel in dieser Logonomics-Ausgabe.
Der Investmentmarkt für Logistikimmobilien ist derzeit zwar „heiß“ und die Kaufpreisentwicklung ausgeprägt. Drei der vier aufgeführten Thesen sprechen aber eher gegen ein „Zu-heiß-Werden“. Dennoch wird es immer notwendiger zu prüfen, unter welchen Konstellationen sich hier noch Investments rechnen. Gute Möglichkeiten sehen wir in (ehemaligen) B- oder C-Lagen, die sich gerade zu A-Lagen entwickeln. Interessante Möglichkeiten bestehen auch bei Bestandsobjekten, die einen Entwicklungsbedarf aufweisen („Manage-to-ESG“ als neuem „Manage-to-core“). Wir beobachten sehr genau, in welchen (ausländischen) Märkten noch günstigere Opportunitäten schlummern. Beobachten Sie mit uns mit, z. B. im Rahmen unseres PYRAMID-Projektes.
Schreiben Sie uns gern – wir freuen uns auf Ihre Meinung.
Ihr Tobias Kassner
1. Quelle: Eigene Berechnung GARBE Research auf Basis von PMA Property Market Analysis
2. Quelle: Eigene Berechnung GARBE Research auf Basis von PMA Property Market Analysis.
3. Quelle: Marktbericht Nr. 14 der Initiative Unternehmensimmobilien/bulwiengesa AG. Definition Cashflow Return: Der Cashflow Return bezeichnet die Rendite, die aus der laufenden, operativen Nutzung der Immobilie bezogen auf das gebundene Kapital erwirtschaftet wird. Der Cashflow ist der Überschuss der regelmäßigen Mieteinnahmen über die regelmäßigen, laufenden betrieblichen Ausgaben.
4. Quelle: Eigene Berechnung auf Basis von Eurostat, RIWIS
5. Quelle: Marktbericht Nr. 14 der Initiative Unternehmensimmobilien / bulwiengesa AG
Definition Total Return: Der Total Return ergibt sich aus der gewichteten Summe des Capital Growth Returns und der gewichteten Summe des Cashflow Returns von 127 Städten/Märkten. Er beschreibt die Gesamtverzinsung des investierten Kapitals innerhalb eines Zeitraums, d. h. die prozentuale Veränderung gegenüber dem Vorjahr.
6. Quelle: FAP-Barometer, BF-Quartalsbarometer, eigene Berechnung GARBE Research
Hinweis: FAP-Quartalsbarometerwerte bis 2014, ab 2015 BF-Quartalsbarometerwerte. Änderungen der Methodik vorbehalten. Link: https://quartalsbarometer.de/ bzw. https://www.iz-shop.de/buch-7499/fap-barometer-q1-2014
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