Immer häufiger wird über den Mangel an Baugrundstücken für die Entwicklung von Logistikimmobilien geklagt. Um den steigenden Flächenbedarf zu stillen, werden vielfältige Strategien verfolgt. Darunter fällt auch die Revitalisierung von aus der Nutzung gefallenen Flächen, den sogenannten Brownfields. Lesen und sehen Sie hier, was unter Brownfields verstanden wird, welche Hürden im Umgang mit Brownfields zu meistern sind und welche Rolle Brownfields bei GARBE spielen. Zuletzt geben wir einen Einblick, welches Lösungspotenzial Brownfields aufweisen.
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Der Bedarf an Logistikflächen in Deutschland ist in den vergangenen Jahren konstant hoch. Während der Logistikflächenumsatz 2010 in Deutschland noch bei rund 4 Mio. m² lag, ist er 2020 auf 6,6 Mio. m² gestiegen – nur 4 % unterhalb der Rekordmarke von 2018 – und dies trotz der Coronapandemie. Für die Zukunft ist davon auszugehen, dass der Flächenbedarf weiter steigen und sich der Mangel daher intensivieren wird.
Die Lösung ist naheliegend, das Angebot an Flächen muss erweitert werden. Und in der Praxis wird intensiv daran gearbeitet, denn auch die Bautätigkeit hat sich zwischen 2010 und 2020 weit mehr als verdoppelt (+123,8 %). Die Bauindustrie kommt aber der steigenden Nachfrage nicht hinterher. Sicherlich trägt der konstant ansteigende E-Commerce, beschleunigt durch die Coronapandemie als Trigger, nicht zu geringen Teilen zu diesem Anstieg bei. Allerdings wächst auch das „Brot und Butter“-Geschäft in der Logistikindustrie beständig und sorgt für eine gestiegene Nachfrage. Die Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage läuft bereits auseinander, und während die Kurve bei der Flächennachfrage in der Tendenz weiter ansteigt, flacht sie bei den Fertigstellungen eher ab und pendelt sich in den letzten Jahren bei 4,5 bis knapp 5,0 Mio. m² pro Jahr ein. Woran liegt das?
Angesichts des hohen Flächenbedarfs sind geeignete Flächen zunehmend seltener zu finden. Und um die wenigen verfügbaren Greenfields entbrennen derzeit äußerst kompetitive Bieterverfahren, sodass die Grundstückspreise massiv anziehen und nicht selten sämtliche Kalkulationen ad absurdum führen.
Entspannung durch die Neuausweisung von Gewerbe- und Industriegebieten (Greenfields) ist eher nicht zu erwarten. Und falls doch Neuausweisungen geplant sind, sind die Genehmigungs- und Planungsprozesse langwierig und von hohen Hürden gekennzeichnet. Vor dem Hintergrund, dass die ökologischen Folgen einer ungebremsten Bautätigkeit minimiert und die werthaltige, nicht replizierbare Ressource Bodenfläche geschützt werden soll, sind diese Hürden absolut sinnvoll und verständlich. Das Ziel soll durch nachhaltiges Flächenmanagement realisiert werden, mit dem die Flächenversiegelung in Deutschland von aktuell rund 63 Hektar pro Tag bis 2030 auf nur noch 30 Hektar pro Tag reduziert werden soll. Die Flächenversiegelung soll dadurch effektiver gesteuert und in geordnete Bahnen gelenkt werden. Die EU-Kommission strebt bis 2050 sogar an, die Flächenversiegelung auf eine Nettonull zu reduzieren. Die Aussichten für Neubauten auf der grünen Wiese sind daher schwierig.
Eine Lösung kann sein, sich verstärkt auf Bestandsimmobilien zu fokussieren. Von der Klimabilanz her gesehen, ist dies in vielen Fällen ohnehin zu favorisieren. Die Leerstandsrate im Querschnitt der deutschen Logistikimmobilienlandschaft wird in der Berichterstattung allerdings mit äußerst geringen 1–3 % angegeben. Daher ist die Nutzung von bestehenden Liegenschaften, zumindest aus jetziger Marktsicht, nur selten eine echte Option.
Was bleibt, ist die Suche nach bereits bebauten Standorten, die aus der Nutzung gefallen sind. Da spätestes ab 2050 ohnehin nur Neubaumaßnahmen durchgeführt werden können, wenn ein anderes Grundstück entsiegelt wird, haben viele Marktteilnehmer heute schon die Brownfield-Strategie fest im Blick.
Die Herbeiführung eines Flächenrecyclings wird somit immer wichtiger. Diese spiegelt sich auch in der Bautätigkeit wieder. Die Brownfield-Strategie wird hier bereits seit einigen Jahren in der Projektentwicklung für Logistikimmobilien verfolgt. Langfristig steuern Flächen aus Brownfield-Entwicklungen rund 25 % der neu hinzukommenden Flächen bei, Tendenz der letzten Jahre leicht steigend. Mit zunehmender Knappheit und Teuerung bei Greenfields wird der Anteil weiter steigen. Bereits 2021 werden die laufenden Projektentwicklungen mit einem Anteil von rund 40 % bei der Grundstücksquellenart Brownfield taxiert.
Brownfields werden in steigender Anzahl benötigt, um den jetzigen, vor allem aber den zukünftigen Flächenbedarf umsetzen zu können. Doch wie lassen sich diese Flächen finden und sind sie ausreichend genug vorhanden? Diese Frage ist schwer zu beantworten, denn dazu müsste zunächst bekannt sein, wo und wie viele Brownfield-Flächen überhaupt zur Verfügung stehen.¹ Gesicherte Erkenntnisse hierzu gibt es nicht. Ein nationales Brachflächenkataster wäre erstrebenswert.
Zwar hat das Bundesumweltamt bereits vor 15 Jahren berichtet, dass ca. 150.000 bis 176.000 Hektar zur Verfügung stehen. Doch gesichert, fortgeschrieben und vor allem qualitativ und geografisch heruntergebrochen ist diese Angabe nicht. Hier ist noch mehr Grundlagenwissen erforderlich. Aus diesem Grund wird auch das Thema „Flächenkataster“ beim neu gegründeten Verband als eine der wichtigsten Aufgaben gesehen. Andere Länder, z. B. das Vereinigte Königreich, sind hier bereits deutlich weiter und haben ihre Bestände genau inventarisiert.Solange kein flächendeckendes Kataster verfügbar ist, müssen Projektentwickler kreativ und innovativ handeln, um frühzeitig geeignete Flächen lokalisieren und akquirieren zu können. GARBE arbeitet beispielsweise an einer optimierten digitalen Identifikation von potenziellen Brownfield-Standorten.
Die Strategie Brownfields, also vorgenutzte oder aus der Nutzung herausgefallene Flächen zu nutzen, ist nicht neu. Je nach Lagetypus – in urbanen oder Außenbereichen gelegen – müssen jedoch andere Brownfield-Quellen im Suchraster berücksichtigt werden.
In urbanen Lagen können die Grundstücksquellen für Brownfields höchst unterschiedlich ausfallen, da Logistikimmobilien für die Urbane Logistik meist viel kleiner sind. Stellenweise können auch geschlossene Freizeit- und Kultureinrichtungen sowie ehemalige kommunale Infrastrukturen genutzt werden. Ungenutzte Büroimmobilien, ursprünglich ebenfalls eine mögliche Grundstücksquelle, gibt es derzeit so gut wie nicht, sodass hier nur wenig nennenswerte Potenziale als urbane Brownfield-Quelle schlummern. Selbst wenn, wären eher Lagen in städtischen Randbereichen oder peripheren Bürozentren relevant. Handelsobjekte, die durch veränderte Konsummuster in Verbindung mit dem E-Commerce-Boom in Bedrängnis geraten sind, können ebenfalls eine Quelle urbaner Brownfields darstellen. Auch hier insbesondere dann, wenn sie eher in fachmarktaffinen Lagetypologien zu finden sind.
Letztlich wird die Masse an geeigneten Arealen dennoch außerhalb der Stadtzentren benötigt werden. Neben Industrie- und Bahnflächen² werden daher weitere Quellentypen notwendig. Hierzu gehören vor allem ehemalige Abbaugebiete, Steinbrüche, Deponien und militärische Konversionsflächen. Aber auch aus der Nutzung herausgefallene Regionalflughäfen o. Ä. können gegebenenfalls mit entsprechendem Aufwand wieder zurück in den natürlichen Kreislauf des Immobilienzyklus geführt werden.
Das alleinige Auffinden eines Brownfield-Areales ist nur der erste Schritt in Richtung einer Nutzbarmachung. Während von Greenfields mit Baurecht selten größere Probleme ausgehen, sind Brownfields häufig mit unzähligen Unwägbarkeiten belastet, auf die sich ein bauwilliger Akteur einlassen muss. Da Brownfields nicht selten Industrieflächen sind, die bis in die Gründerzeit (ca. 1870) zurückreichen, sind Planwerke und Dokumentationen zu bekannten Hindernissen Mangelware. Zum einen sind die Areale häufig kontaminiert (Altlasten, Munition u. v. m.). Zum anderen sind häufig massive ober- und unterirdische Strukturen verbaut. Eine umfassende Dekontamination und Räumung ist notwendig. Diese Maßnahmen sind nicht nur äußerst kostenintensiv, sondern für die Beteiligten mit vielen Risiken versehen und langwierig.
Oft fühlen sich Projektentwickler und Investoren in dieser Phase alleingelassen. Letztlich wird ein kontaminiertes, keine Wertschöpfung erzeugendes und i. d. R. städtebaulich unansehnliches Areal revitalisiert. Die Logistik als eine der wirtschaftlichen Lebensadern der Volkswirtschaft erzeugt Arbeitsplätze und erfüllt systemrelevante Aufgaben. Damit wird eine gesamtgesellschaftlich wertvolle Aufgabe erfüllt. Risiken und Hürden müssen aber vollständig vom Projektentwickler getragen oder gemeistert werden. Hier wäre etwas mehr Unterstützung von staatlicher und kommunaler Seite wünschenswert, zumal ja auch das Ziel einer möglichst geringen Flächenversiegelung damit forciert wird.
Brownfields für Projektentwicklungen werden bei GARBE seit langer Zeit verfolgt. Mittlerweile konnte hier viel Erfahrung gesammelt werden. Die Westfalenhütte gilt dabei als eines der ambitioniertesten, aber auch erfolgreichsten Vorzeigeprojekte. Nach einem rund zehn Jahre andauernden, langwierigen Revitalisierungsprozess wurde 2018 die Gesamtmaßnahme abgeschlossen. Mit der letzten Ausbaustufe wurden auf dem Areal Distributionshallen mit einer Gesamtfläche von 225.000 m² vermietbarer Fläche realisiert.
Während dieser Zeit sind viele Risiken, die ein solches Projekt aufweisen kann, in der Tat Realität geworden. Insbesondere Kampfmittelfunde haben die Umsetzbarkeit immer wieder in Gefahr gebracht. Allein beim Bau der Westfalenhütte wurden zwölf Bombenverdachtsstellen ausfindig gemacht, in denen zwei Bomben lagen. Von diesen musste eine professionell entschärft werden. Fünf Zentner Bomben dieser Art benötigen zur Entschärfung einen Sicherheitsradius von bis zu einem Kilometer.
Bei einer anderen Projektentwicklung von GARBE musste 2014 in Salzgitter auf dem ehemaligen Areal der 1941 gebauten Stahlwerke Braunschweig tatsächlich eine amerikanische Fliegerbombe zur Explosion gebracht werden. Hier war der Zünder des Blindgängers zu stark für eine Entschärfung korrodiert. Darüber hinaus mussten 50.000 Tonnen Betonfundamente der Hauptrüstungshalle vor Ort gebrochen werden. Das Material wurde später für Gründungszwecke wiederverwendet.
Seit 2015 hat GARBE rund 1,3 Mio. m² an Logistikfläche auf Brownfield Grundstücken realisiert und damit einen erheblichen Beitrag zur Vermeidung von Flächenneuversiegelung beigetragen. Vor allem in den Jahren zwischen 2015 bis 2018 waren mehr als die Hälfte aller Logistikfertigstellungen Brownfields. Die Westfalenhütte machte allerdings ein Großteil dieser Entwicklungen aus. 2018 wurden sogar ausschließlich Brownfields realisiert. Hier muss jedoch betont werden, dass nur zwei Projektentwicklungen insgesamt fertiggestellt wurden. In den letzten Jahren ist es aber auch für GARBE immer schwieriger geworden, geeignete oder mit kalkulierbaren Risiken versehene Brownfields zu identifizieren. Aus diesem Grund fällt der Anteil deutlich niedriger aus, zumal nicht in allen Regionen Brownfields vorhanden sind.
Trotz ausgefeilter Suchmethoden stehen die bauwilligen Akteure häufig vor dem Problem, dass die Kundenanfragen nicht mit dem Brownfield-Angebot harmonieren. Diese sind keine ubiquitär verfügbare Ressource, sondern häufig nur in den Regionen vorzufinden, in denen ein wirtschaftlicher Strukturwandel stattgefunden hat. Das Ruhrgebiet mit seiner ehemaligen Montanindustrie ist sicherlich der bekannteste eines solchen Wirtschaftsstandortes in Deutschland. Brownfields stellen daher nur regional eine Komponente in der Flächenbereitstellung dar.
Vor allem das schwer kalkulierbare Risiko eines Brownfield‑Engagements verhindert eine intensivere Verwendung dieser Grundstücksart. Dennoch stellen Brownfields eine Grundstücksquelle dar, die vor dem Hintergrund des steigenden Bedarfs und der zu minimierenden Flächenversiegelung zukünftig noch intensiver ausgeschöpft werden kann und muss. Die städtebaulichen und umweltpolitischen Risiken eines solchen Engagements sollten zumindest honoriert bzw. gefördert und so auf mehrere Schultern verteilt werden.
Wie im Vorfeld ausgeführt, können Brownfields einen Beitrag zum Logistikflächenmangel leisten. Es müssen jedoch ein paar Voraussetzungen geschaffen werden, um dieses Ziel noch intensiver zu verfolgen. Hervorzuheben sind vor allem zwei Maßnahmen:
Beide Aspekte sind Kernaufgaben des Anfang 2021 gegründeten Deutschen Brownfield Verbandes (DEBV). Diese Ziele unterstützt GARBE als Gründungsmitglied gern, z. B. durch die Vertretung im Beirat des Verbandes. Gemeinsam mit anderen Mitgliedern des Verbandes arbeitet GARBE intensiv daran arbeitet, die politische und gesellschaftliche Anerkennung von Brachflächen zu verstärken.
1. Umweltbundesamt 2005, Die Zukunft liegt auf Brachflächen.
2. Industrie- sowie Bahnflächen sind in einigen Fällen auch in urbanen Lagen aufzufinden, jedoch sind diese Quellentypen hauptsächlich in Außenbereichen zu verorten.
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