Mit ihren Anstrengungen, sowohl Innovationsdruck als auch konjunkturelle Herausforderungen zu bewältigen, ist die Automobilindustrie fast täglich in den Schlagzeilen.
Gleichzeitig zählte der Bereich Fertigung, auch und gerade in der Automobilbranche, im vergangenen Jahr zu den wesentlichen Treibern der Nachfrage nach Industrie- und Logistikflächen in Deutschland. Die Bedeutung des Kraftfahrzeugbaus für die Gesamtwirtschaft und den Immobiliensektor macht es umso wichtiger, die künftige Ausrichtung der Branche zu definieren, ohne dabei das Primat der Mobilität aus dem Blick zu verlieren.
Die Automobilindustrie zählt zu den wesentlichen Treibern der europäischen Wirtschaft und der Nachfrage nach Logistikimmobilien. Allerdings durchläuft die Branche aktuell einen Wandel, der von Innovation, anziehendem globalem Wettbewerb und Konjunkturschwäche bestimmt ist. Daher gilt es, die neuesten Entwicklungen im Auge zu behalten, um Risiken und Chancen frühzeitig zu erkennen.
Wichtigste Erkenntnisse:
Die Autoindustrie ist eine tragende Säule der europäischen Wirtschaft
Statistische Kerndaten in Schaubild 1 veranschaulichen die Bedeutung der Automobilindustrie für Europa. Außerdem geht von der Autoindustrie ein bedeutender Multiplikatoreffekt für die Wirtschaft aus, der sowohl vorgelagerten Branchen wie der Stahl-, Chemie- und Textilproduktion zugutekommt als auch nachgelagerten Branchen wie dem IKT-Bereich, Kfz-Werkstätten und Mobilitätsdienstleistern.
Säule der Wirtschaft: > 1 Billion € 2022 zum EU-BIP beigetragen ~7 % des EU-BIP |
Job-Generator: 13,8 Mio. Beschäftigte in der Autoindustrie 6,1 % aller Beschäftigten in der EU |
Made in Europe: ~165 Werke in Montage und Fertigung ~102 Mrd. € Handelsüberschuss der EU |
Innovationstreiber: ~60 Mrd. € Jahresausgaben für F&E ~30 % der F&E-Gesamtausgaben in der EU |
Schaubild 1: Bedeutung der Autoindustrie für die europäische Wirtschaft |
Schwierige wirtschaftliche Rahmenbedingungen
Wie sich aus Schaubild 2 ergibt, trübte sich die Stimmung unter Autoherstellers nach dem letzten Höchststand Anfang 2022 rasch ein und ist derzeit auf dem niedrigsten Stand seit der globalen Finanzkrise, ausgenommen der Zeit der Pandemie. Für die gedrückte Stimmung gibt es mehrere Ursachen, darunter die mageren Aussichten für die globale Konjunktur, die zunehmende Konkurrenz (im Bereich der E-Mobilität vor allem aus China), verstärkter Druck durch Schadstoffregelungen und relativ hohe Energiepreise. Immerhin lassen erste Anzeichen auf langfristigen Aufwind im deutschen Automobilsektor schließen. So deutet der jüngste Bericht des ifo-Institutes eine Verbesserung der aktuellen Geschäftslage an und meldet eine Stimmungsaufhellung im April 2024.
Anmerkung: saisonbereinigt, NACE-Level: Herstellung von Kraftwagen, Anhängern und Sattelaufliegern.
Vielschichtige Nachfrage durch Autoindustrie
Zunächst ist festzustellen, dass die derzeitigen konjunkturellen Verwerfungen die Erweiterungspläne für Logistikimmobilien einschränken, sofern der Schwerpunkt ausschließlich auf Kosteneffizienz liegt. Allerdings ist die Nachfrage der Automobilindustrie vielschichtiger Natur. Denn ihr Bedarf an Logistikflächen wird nicht nur von konjunkturbedingter sondern auch konjunkturunabhängiger Nachfrage bestimmt, etwa durch Reifenhersteller und Ersatzteillieferanten. Ferner kommen auch neue Treiber zum Tragen, wie z. B. die führende Rolle der Branche bei Innovationen. So wurden in den letzten Jahren zahlreiche F&E-Einrichtungen in ganz Europa ins Leben gerufen, die ihren eigenen Logistikflächenbedarf generieren. Insgesamt verschiebt sich der Schwerpunkt der Logistikflächennachfrage von traditionellen Treibern der Automobilbranche hin zu neuen Trends wie z. B. der E-Mobilität.
Die Konkurrenzfähigkeit von E-Fahrzeugen gegenüber Verbrennern kann durch Innovationen weiter erhöht werden.
Der Siegeszug der Elektrofahrzeuge als Wendepunkt
Der Übergang zur E-Mobilität wirkt sich auf alle Aspekte der Branche aus, also auch auf die zugehörigen Lieferketten und Logistikimmobilien. Laut IEA wird sich der Anteil an Elektroautoverkäufen von 21 % im Jahre 2023 auf voraussichtlich 60 % erhöhen und der Gesamtabsatz an batteriebetriebenen Elektrofahrzeugen dürfte sich bis 2030 mehr als verdreifachen auf 6,8 Millionen. Die Prognosen anderer Analysehäuser wie UBS, HSBC und Jefferies für die Absatzzahlen bis 2030 liegen sogar noch höher. Somit bleibt der Ausblick ungeachtet des jüngsten Umsatzeinbruchs rosig. Der Übergang zum nötigen Volumen setzt im nächsten Schritt das Entstehen eines Massenmarktes mit attraktiver Preisgestaltung voraus. Innovative Fertigungsverfahren, wie die von Tesla eingeführten Giga-Casting- oder Unboxing-Ansätze, könnten für mehr Akzeptanz von E-Fahrzeugen bei Verbrauchern sorgen, da sie die Produktionskosten senken und somit die Konkurrenzfähigkeit gegenüber Verbrennern erhöhen.
Anmerkung: Prognosen sind nur für die Jahre 2025 und 2030 verfügbar. Europa umfasst die EU der 27, Norwegen, Island, die Schweiz und Großbritannien.
Hinter dem Umsatzwachstum bei E-Autos stehen nicht nur etablierte sondern auch aufsteigende Automarken wie der Hersteller BYD, der seinen Marktanteil von 1,1 % im Jahr 2023 bis 2025 auf 5 % zu steigern beabsichtigt. Die Aktivitäten von BYD sind ein gutes Beispiel für die allgemeinen Trends bei Lieferketten und Logistikimmobilien. Um Unterbrechungen der Lieferkette und Gefahren im Roten Meer zu umgehen, beschaffte sich das Unternehmen jüngst einen Frachter mit einer Kapazität von 7.000 Fahrzeugen, der Europa über Bremen beliefern soll. Die für 2026 geplante Produktionsstätte in Ungarn wiederum kann als Beispiel für den Nearshoring-Trend nach dem Motto „in Europa, für Europa“ gelten.
Auch Zulieferer und ihre Lieferketten befinden sich im Wandel aufgrund der deutlich verringerten Zahl von Fahrzeugteilen (als Faustformel ist von einem Drittel im Vergleich zu herkömmlichen Verbrennungsmotoren auszugehen) bei gleichzeitig steigendem Bedarf an Halbleitern und Batterien. Im Zusammenhang mit diesem Bedarf steht auch die absehbare Ausweitung der Batterieproduktion in Europa, dargestellt in Schaubild 4, zu deren Hauptabnehmern die Automobilindustrie zählen wird.
„Wenn die Nacht am tiefsten ist, ist der Tag am nächsten“
Die Automobilindustrie befindet sich ganz offensichtlich in einer Umbruchphase mit grundlegenden Herausforderungen. Es trifft die europäische Automobilbranche jedoch nicht zum ersten Mal. So sorgte etwa der Aufstieg japanischer Marken in den späten siebziger und frühen achtziger Jahren für starke Konkurrenz, doch die europäischen Marken passten sich im Lauf der Zeit erfolgreich an. Nach Ansicht von Analysehäusern wie z. B. der Commerzbank erfolgt die Anpassung europäischer Autobauer durch die Konzentration auf das Kerngeschäft und auf Effizienz. Zwar hat Europa spät reagiert, doch die angekündigten E-Modelle dürften sich mit der globalen Konkurrenz messen lassen, und die Investitionen vieler führender europäischer Hersteller werden erst im kommenden Jahr ihren Höhepunkt erreichen. Derweil beobachten Analysehäuser die mittelständischen Zulieferer, denen die Anpassung u. U. schwerer fällt, was wiederum eine Konsolidierungsphase in der Branche einleiten könnte.
Fazit: Implikationen für Logistikimmobilien im Überblick
Die Automobilindustrie spielt eine bedeutende Rolle für Logistikimmobilien, wobei die vielschichtige Nachfrage in diesem Sektor von der Endmontage über innovative Technologien, z. B. für Elektrofahrzeuge, bis hin zu Ersatzteilen alles umfasst. Etablierte Nutzerstrategien, um den steigenden Kostendruck zu bewältigen, legen zunehmend den Schwerpunkt auf Standort (z. B. Nähe zu Kunden und Zulieferern) und Gebäudeeffizienz (z. B. Energiekosten). Im Zuge des Branchenumbruchs rechnen wir damit, dass traditionelle Nachfragetreiber an Bedeutung verlieren und neue Trends an Bedeutung gewinnen werden, so dass der Flächenbedarf unterm Strich mehr oder weniger stabil bleiben wird und etablierte Standorte durch neue Hotspots ergänzt werden.
Angesichts wachsender geopolitischer Spannungen legen Nutzer vor allem Wert auf stabile Lieferketten, was eine zunehmende Produktionsverlagerung im Sinne von „in Europa, für Europa“ nach sich zieht. Dies wiederum manifestiert sich im steigenden Bedarf an hochmodernen F&E-Einrichtungen sowie dem Aufbau von Fertigungsstätten für Elektrofahrzeuge und Batterien. Als Nebeneffekt generieren die neuen Standorte eine entsprechende Nachfrage nach Logistikflächen seitens der Zulieferer.
Quellen:
(1) Quelle: McKinsey & Company, ACEA. Anmerkung: Datenstand Sommer 2023
(2) Quelle: Europäische Kommission Anmerkung: saisonbereinigt NACE-Level: Herstellung von Kraftwagen, Anhängern und Sattelaufliegern
(3) Quelle: IEA. Anmerkung: Prognosen sind nur für die Jahre 2025 und 2030 verfügbar. Europa umfasst die EU der 27, Norwegen, Island, die Schweiz und Großbritannien.
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